Gräting selber bauen

Refit

Letztes Jahr war das Gräting im Cockpit hinter dem Steuerstand durchgebrochen und von uns provisorisch mit Holzbohlen aus einem Baumarkt unterfüttert worden. Das Holz war morsch und unansehnlich geworden. Also musste ein neues Gräting her. Auf der Boot in Düsseldorf ließen wir uns auf dem Stand von Sommerfeld und Thiele beraten. Es gibt vorgefertigte würfelförmig ausgeschnittene Leisten aus Teakholz, die man nur noch zusammenzustecken braucht. So die Theorie. Kai riet uns noch ab. „Tut Euch das nicht an“, meinte er, „nehmt einfach Bretter.“ Aber Greenhorns wissen bekanntlich alles besser. Also: selber machen. Von Georgus hatten wir uns vor zwei Jahren ein Angebot machen lassen, das bei knapp 3000 € lag. Da kann man doch sicher sparen, wenn man es selber macht.

Aber wie macht man das nun? Die Leisten müssen mit möglichst wenig Abfall geschnitten werden, da Teak eben teuer ist. Das Material alleine kam auf 1000 €.

Meine Erfindung, die ich mir eigentlich patentieren lass sollte, bestand darin, ein Excel-Sheet zu erstellen, dessen Zellen die Würfel des Grätings darstellten. Durch entsprechende Färbung kann man ziemlich genau sehen, wie das mal aussehen wird.

Hört sich einfach an, ist es aber nicht. Denn das Gräting soll ja symmetrisch werden und muss bei uns aus drei Teilen bestehen, da man es sonst nicht ein- und ausbauen kann.

Als der Plan nach mehreren Tagen endlich fertig war schickte ich alle Unterlagen zu Sommerfeld und Thiele mit der Bitte um ein Angebot. Ja so geht das nicht, war die Antwort. Genau zuschneiden, das müsse man schon selber erledigen. Die Leisten hätten die Längen, die sie zur Verfügung haben und man müsse mit bis zu 10% Zuschlag rechnen.

Nach einigem Hin und Her kam dann die Rechnung und gegen Vorkasse wenige Tage später ein großes Paket mit Teakholz.

Voller Energie breiteten wir die Würfelleisten auf dem Fußboden aus, um sie anhand des Excel-Sheets auf dem iPad zusammenzusetzen. Die Längen passten sogar ganz gut. Doch von zusammensetzen konnte keine Rede sein.  Vier Leisten kriegt man noch rechtwinklig zusammengesteckt. Bei der nächsten muss man schon Gewalt anwenden, danach geht nichts mehr. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als die würfelförmigen Ausschnitte mit der Hand nachzuschleifen. Bei uns war das nur draußen auf dem Terrassentisch machbar, also im Frühjahr wegen schlechten Wetters von langen Pausen unterbrochen. Als mich die Grippe just während einer Schönwetterperiode erwischt, brach bei Kerstin der Ehrgeiz aus und nach drei Tagen schleifen hatte sie sich einen sehr schmerzhaften Tennisarm eingefangen, an dem sie jetzt, Ende Juli, immer noch ihre Freude hat. Im März nahmen wir das Gräting mit auf die Werft nach Bremen. Immerhin konnten wir dort in der Holzwerkstatt im Trockenen schleifen und die Abmessungen am Schiff nochmal überprüfen. Fertig wurden wir nicht. Zurück zu Hause gelang es mir dann bei schönem Wetter endlich alle Leisten zusammen zu setzen und mit PBond, einem Zwei-Komponenten-Epoxy Kleber zusammen zu leimen. Beim kleben konnte Kerstin wieder mithelfen. Trotzdem hat es eine Woche gedauert, bis alle Leisten geklebt waren. Hans Blank, unser Schreiner in Dietersheim half mir die Ränder gerade zu schneiden und die Randleisten genau zuzuschneiden. Ohne seine Fähigkeiten und Maschinen hätten wir das nicht geschafft.

Völlig unterschätzt haben wir auch die Nacharbeit. Der herausgequollene Kleber muss durch abstechen entfernt werden. Abwischversuche im feuchten Zustand verschmieren den Kleber nur und es wird noch schwieriger die Reste zu Entfernen. Anfang Juni haben wir dann direkt am Schiff die Feinanpassung gemacht und immer wieder überstehenden Kleber abgestochen. Unser Gräting hat etwas mehr als 20×20 quadratische Löcher. Also 200 mal 4 Kanten = 800 Stellen, an denen überstehender Kleber entfernt werden will. Ich gestehe, dass es immer noch Stellen gibt, die übersehen wurden.

Nachtrag:

Als das Schiff einige Tage im Wasser war konnten wir das große Grätingstück vor dem Niedergang nicht mehr herausnehmen. Ob das Schiff durch den Wasserdruck ein paar Millimeter zusammengedrückt wird? Jedenfalls haben wir einen Flaschenzug gebraucht, um das Gräting wieder heraus zu bekommen. Piet, der Schreiner und Bootsbauer vom Nachbarschiffsprojekt hat uns die Ränder etwas beschnitten. Durch den seitlichen Druck hatte sich das Gräting in den wenigen Tagen verbogen. Jetzt, einige Tage nach der Korrektur scheint es sich selbst wieder gerade zu biegen.

Ein paar anerkennende Blicke und Kai’s Lob „Sieht schon besser aus als nur Bretter“ haben wir immerhin eingefangen und sind richtig stolz auf unser selbst gefertigtes Gräting.

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