2021 2.2 Von Forvik nach Tjøtta

Detailbericht

Mittwoch, den 08.09.2021:
Forvik (Vevelstad) nach Tjøtta

Morgens regnet es, deshalb lassen wir es langsam angehen. Wir wollen knapp 10 sm rüber nach Tjøtta. Da können wir ruhig auf das vorhergesagte bessere Wetter warten. Nach dem Mittagessen ist es dann so weit. Wir legen ab und setzen schon bald die Segel. Anfangs schleichen wir durch das Wasser. Aber der leichte W-SW-Wind weht stetig und nach 2 Stunden segeln wir hoch am Wind durch die enge Durchfahrt Mindtangen. Die nächste Insel vor Tjøtta schaffen wir auf dem Kurs nicht ganz und müssen einmal aufkreuzen. Fast sieht es so aus, als müssten wir bei Regen anlegen. Aber die Regenwolken stauen sich nördlich von Tjøtta an den sieben Schwestern. Tjøtta und wir bleiben verschont.

Aus den zwei Schwimmstegen für Gäste der Tjøtta Båtforening ist einer geworden. Wir haben ganz vorne Platz. Das Anlegen klappt mit zwei Drehern schließlich ganz gut. Wir liegen mit dem Bug nach Norden, von wo ab morgen der Wind wehen soll.

Nach einem Anleger-Bier machen wir noch einen Rundgang durch den Ort. Neben dem großen Fähranleger gibt es einen Joker-Supermarkt, der aber gerade schließt (18 Uhr).

Wir stiefeln weiter Richtung Kirche und kommen am Gjestegård-Hotel vorbei. Dieses Hotel wirbt mit seinem historischen Ambiente. Dahinter liegen die Gebäude von NIBIO (Norwegian Institute of Bioeconomy Research). Dann kommt die Kirche von 1536 (nach einem Brand 1851 wieder aufgebaut ), die 1690 in „Nordlands Trompet“ von Petter Dass erwähnt wurde.

Genug Kultur. Zurück am Schiff graben wir eine mindestens 4 Jahre alte Dose Labskaus aus. Mit Spiegelei und Gurken – ein Genuss!

Abfahrt 13:15 Ankunft 16:15
Luft 12°, 1009 mbar, bedeckt, Regenschauer, Wind SW 10-12kn
Distanz Gesamt Segel Motor
Tagesweg 9 7 2
Übertrag 69 63 6
Summe 78 70 8

Nur noch ein Schwimmsteg für Gastlieger, Servicegebäude (links hinten) mit Duschen, Aufenthaltsräumen, Küche, Waschmaschine.

Joker-Supermarkt neben dem Fähranleger

https://tjotta.net/b-tforeninga/

Liegegebühren: Zahlbar mit VIPPs, Überweisung oder im Briefumschlag
alle Boote 150 kr   Waschmaschine 30 kr
      Trockner 30 kr
Strom inklusiv   Dusche 20 kr

Tjøtta-Kirche

Die Kirche von Tjøta wird erstmals während der Reformation im Jahr 1536 in der Literatur erwähnt. Der Schriftsteller und Priester Petter Dass erwähnt sie in der „Nordlands Trompet“ (um 1690) als eine von drei Steinkirchen in der Gemeinde Alstahaug. Die Kirche wurde zweimal durch Blitzschlag schwer beschädigt, zuletzt im Jahr 1843 brannte sie bis auf die Grundmauern nieder. Die heutige „Kirche“ wurde 1851 erbaut.

Das erste überlieferte religiöse Ereignis, das auf Tjøtta stattfand, war, als Olav Trygvasson Hårek und seine Anhänger taufte. Möglicherweise geschah dies an der Stelle der bestehenden Kirche. Bei Ausgrabungen wurden große Holzpfähle gefunden, die Reste einer Holzkirche sein könnten oder vielleicht der alte Sitz der Häuptlinge.

Tjøtta

Der älteste archäologische Fund, der auf Tjøtta gemacht wurde, besteht aus Feuersteinsplittern, die zur Herstellung von Pfeilspitzen dienten. Der Fund wird in die Jungsteinzeit datiert und ist etwa 4000 Jahre alt. Zu dieser Zeit war Tjøtta nur eine kleine Insel im Meer, da das gesamte flache Land der heutigen Insel damals unter dem Meer lag.

Die ersten Siedler, die sich auf Tjøtta niederließen, begannen um das Jahr 250 n. Chr.. Die Häuser standen in der Nähe der Kirche.

Bereits etwas vor dem Jahr 600 wurden auf Tjøtta Gebäude errichtet, in denen sich vermutlich die örtlichen Häuptlinge versammelten, um Streitigkeiten untereinander beizulegen oder neue Gesetze vorzuschlagen und zu verabschieden.

Petter Dass Museum (ca. 20 km mit dem Fahrrad)

Gjestegård-Hotel mit historischen Ambiente

NIBIO (Norwegian Institute of Bioeconomy Research)

Sowjetische Kriegsgräberstätte Tjøtta

Während des zweiten Weltkrieges wurden 100 000 sowjetische Kriegsgefangene nach Norwegen verschleppt. Sie wurden in ganz Norwegen, vor allem jedoch im Norden des Landes, für den Bau von Straßen, Eisenbahnstrecken, Flughäfen und Festungsanlagen eingesetzt. 13 000 der Gefangenen verloren dabei ihr Leben. Die meisten waren zunächst in unmittelbarer Nähe der Gefangenenlager, die im ganzen Land verstreut waren, begraben worden. 1951 wurden die sterblichen Überreste von 8 000 der umgekommenen sowjetischen Kriegsgefangenen hier in die Kriegsgräberstätte in Tjøtta umgebettet.

Im Jahr 1954 beschlossen die Mitglieder der norwegisch-sowjetischen Kriegsgräberkommission, an den früheren Grabstätten für sowjetische Gefallene offizielle Denkmäler zu errichten. Solche Denkmäler wurden an 28 Orten in Nord-Norwegen errichtet.

Die Identität der meisten hier in Tjøtta beigesetzten Kriegsgefangenen war lange Zeit unbekannt. Im Jahr 2009 wurde das Falstadzentrum vom norwegischen Staat mit einem Forschungsprojekt beauftragt. Die sowjetischen Staatsangehörigen, die während des zweiten Weltkrieges in Norwegen ums Leben gekommen waren, sollten identifiziert werden. Im Zuge dieser Arbeit konnte die Identität mehrerer tausend Menschen geklärt werden. Im Jahr 2015 wurden die Namen aller in Tjøtta Begrabenen, die identifiziert werden konnten, auf Bronzetafeln geschrieben.

Internationale Kriegsgräberstätte Tjøtta

Die internationale Kriegsgräberstätte Tjøtta wurde in Gedenken an norwegische, sowjetische und deutsche Staatsangehörige errichtet, die bei der Versenkung der MS „ Rigel“ ums Leben gekommen waren.

Das deutsche Frachtschiff MS „Rigel“ war voll beladen mit Gefangenen, als es am 27. November 1944 von alliierten Flugzeugen angegriffen und vor der Insel Rosøya, westlich von Tjøtta, versenkt wurde. Nach Aussage des Kapitäns verloren bei dem Angriff 2 456 Menschen ihr Leben.

Das Wrack des Schiffes wurde zunächst als Kriegsgrab betrachtet, später wurde es jedoch notwendig, die Umgekommenen an Land zu bringen. Da die Schiffsdokumente der MS „Rigel“ während des Angriffes verloren gingen, sind die Verstorbenen als Unbekannte begraben.

Hårek på Tjøtta

Hårek von Tjøtta war ein norwegischer Bauer und lokaler Häuptling. Er war ein Sohn des Skalds Eyvindr skáldaspillir, der von Tjøttagodset aus regierte. Hårek lebte in Tjøtta in Nordland und hatte erheblichen Einfluss auf den Bezirk Hålogaland. Siehe Norsk Biografisk Leksikon

Donnerstag, den 09.09.2021:
Fahrradtour zum Petter Dass Museum

Am Donnerstag, den 9. September packen wir unsere Klappräder aus. Dabei müssen wir feststellen, dass zwar die Sonne einladend scheint, aber der Nordwind ziemlich kalt ist. Also ziehen wir doch die warme Skiunterwäsche drunter und fahren los. Unser Ziel ist das Petter Dass Museum in Alsthaug.

Kaum haben wir den Ort hinter uns gelassen taucht linker Hand ein großer Soldatenfriedhof auf. Er besteht aus zwei Teilen. Auf dem einen Teil sind etwa 8000 sowjetische Zwangsarbeiter begraben. Ungefähr 13000 sowjetische Kriegsgefangene sind im 2. WK in Norwegen ums Leben gekommen. 1953 wurden 8000 von ihnen exhumiert und nach Tjøtta umgebettet. Man wollte damit verhindern, dass sowjetische Spione angeblich auf der Suche nach Gräbern durch Norwegen streiften.

Der andere Teil des Friedhofs birgt über 2000 namenlose Opfer einer der größten Schiffskatastrophen, die sich hier in Sichtweite 1944 abgespielt hat. Ein Gefangenentransportschiff wurde von Engländern angegriffen und so schwer getroffen, dass der Kapitän sein Schiff Rigel westlich von Tjøtta vor der Insel Rosøya auf Grund setzte. Dadurch konnten 267 Passagiere gerettet werden. 2457 sowjetische Kriegsgefangene, norwegische und deutsche Strafgefangene, Bewachungspersonal und Schiffsbesatzung kamen ums Leben. 25 Jahre später wurden die sterblichen Überreste geborgen und hier begraben. Eine Identifizierung der Toten war nicht mehr möglich.

Wir mühen uns weiter gegen den kalten Nordwind ab. Unser Weg gleicht einer großen gespiegelten S-Kurve. Von unten nach oben. Erst geht es nach Westen. Hinter dem Friedhof verlassen wir die Insel Tjøtta und fahren ziemlich gerade nach NNW über mehrere Inseln, die mit einem Damm verbunden sind, auf dem die Straße verläuft. Das Festland – sprich die große Insel Alsta – erreichen wir im Südosten und fahren auf der N17 am Südrand von Alsta nach Westen. Von einem Rastplatz aus haben wir einen schönen Blick nach Süden auf die Insel Vega. Und dann endlich das Schild, das die Abzweigung zum Petter Dass Museum und zur Kirche von Alstahaug ankündigt. Wir haben es geschafft!

Gute 20 km gegen kalten Nordwind. Immerhin!

Petter Dass war von 1684 bis 1707 Pfarrer in Alstahaug. Er war Lyriker und hat viele Kirchenlieder verfasst. Sein berühmtestes Werk ist Nordlands Trompet, eine kulturhistorische Darstellung Nordnorwegens (wurde ins Deutsche übersetzt). Das Museum selbst beeindruckt uns am meisten durch seine extravagante Architektur. In den Felsen neben der Kirche von Alstahaug wurde eine 10-20 cm breite Schneise geschnitten und in ihr mit Blick zum Meer eine Betonschachtel platziert, die auf der Land- und Seeseite komplett verglast ist. Das Museum schließt leider gerade. Ein Café, in dem man charakteristische Speisen serviert bekommt, hat gar nicht erst geöffnet. An die Tatsache, dass vieles um diese späte Jahreszeit geschlossen ist, werden wir uns wohl gewöhnen müssen.

Die Rückfahrt ist ziemlich anstrengend. Es ist kalt, unsere Kondition ist mangelhaft, die Kette von Kerstin’s Fahrrad springt immer wieder runter. Das nervt. An dem kleinen Rastplatz mit Blick auf Vega machen wir kurz Pause und trinken heißen Tee. Das frischt die Lebensgeister wieder auf. Nochmal kleine Pause mit restlichem Tee am Friedhof. Dann geht es noch rechtzeitig vor Ladenschluss zum Joker Supermarkt am Fähranleger. Kjøttbullar hatten wir uns eingebildet. Es gibt aber nur die größeren Kjøttkaker, vergleichbar mit kleinen Frikadellen. Sie schmecken uns abends am Schiff jedenfalls vorzüglich.

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