15.08.2014

Nach Kerstins Tiden- und Strom-Berechnungen sollten wir gegen Mittag in Boulogne losfahren, um am Cap Gris-Nez die beste Unterstützung durch die Strömung mitzubekommen. Gegen Mittag sind wir startklar. Kerstin hilft einem älteren holländischen Ehepaar beim Anlegen. Dann legen wir ab und die Holländer helfen uns. Beim Anlassen zickt der Motor wieder. Beim Starten tut sich erst gar nichts. Es klackt einmal, dann ist Ruhe. Da wir das nun schon öfter erlebt haben, machen wir uns deshalb keine Sorgen mehr. Nochmal und nochmal den Schlüssel drehen. Irgendwann dreht der Anlasser und nach mühsamen Umdrehungen, die ganz langsam schneller werden, springt der Motor an. Drei Fischer, die gerade reingekommen sind, beobachten unsere Startprozedur recht skeptisch, winken uns dann zum Abschied aber fröhlich zu.
Beim Ablegen funke ich Boulogne Port Control an. Man gibt uns die Ausfahrt frei und wünscht uns eine gute Fahrt.
Noch im äußeren Hafen setzen wir Segel und fahren Richtung Cap Gris-Nez. Wir sind fast die letzten, die abgelegt haben und das, obwohl wir immer noch Strömung gegen uns haben. Deshalb lassen wir auch den Motor an, denn der Wind weht zwar kräftig mit 17-22 kn, aber er kommt aus Nord und da wollen wir hin. Nachdem wir das Kap umrundet haben können wir auf den Motor verzichten. Wir müssen aber auf-passen, dass uns die Strömung zwischen Cap Gris-Nez und Blanc-Nez nicht zu weit auf das Festland treibt, denn hier wird es flach. An den anderen Segelbooten kann man gut beobachten, wo es flach wird. Der eine oder andere, der näher an Land fährt, dreht plötzlich nach Norden und nimmt den Motor hinzu, um vom Land wegzukommen. Wir halten ausreichend Abstand. Haben so vielleicht den weiteren Weg aber dafür weniger Stress.

Am Nachmittag queren wir das Fahrwasser nach Calais. Eine Fähre nach der anderen kommt hier rein oder geht raus. Man muss gut aufpassen, um eine Lücke zu finden. Bis zum Abend können wir schön Segeln und brauchen den Motor erst wieder beim Segelbergen vor der Einfahrt nach Dünkirchen. Gerade als wir die Segel bergen kommt ein Frachter an. Als wir mit unserem Manöver beginnen ist er noch weit weg und wir sind überzeugt, dass wir längst fertig sind, bis der Frachter herangekommen ist. Noch während wir mit dem Segel hantieren kommt der Frachter aber so nahe, dass wir unsere Segel hektisch festbändseln und seitlich neben die Hafeneinfahrt fahren, um dem Frachter Platz zu machen. Wir folgen ihm in den Hafen und während er gleich rechts in den Industriehafen abbiegt fahren wir ein Stück weiter und gehen links in die Marina Port du Grand Large. Am Besuchersteg machen wir längsseits mit dem Heck nach Westen fest. Andersherum wäre es sicher besser, denn es soll wieder schlechtes Wetter geben. Aber an der Backbordseite ist die Scheuerleiste abgebrochen und Schrauben stehen raus. Mit dieser Seite wollen wir, wenn es geht, nicht anlegen.




16.08.2014

In den nächsten zwei Tagen soll das Wetter schlechter werden. 7 Windstärken sind vorhergesagt. Zwar aus Westen aber mit viel Regen. Wir beschließen, dass wir uns das nicht antun müssen und verschieben die Weiterfahrt auf Montag. Wir machen einen ersten Spaziergang durch Dünkirchen. Im Krieg ist hier sehr viel zerstört worden. Man erkennt es nicht zuletzt an der trostlosen Architektur der 60er Jahre, bei der es, wie in Deutschland auch, nur darum ging, möglichst schnell etwas hochzuziehen. Wir finden aber auch ein paar sehenswerte Ecken. Im Stadthafen liegt ein Dreimaster auf dem gerade eine Hochzeit stattfindet. Es ist die Duchesse Anne. Wie wir später herausfinden, kam das Segelschulschiff nach dem 2. WK als Raparationsleistung von Deutschland an Frankreich.

17.08.2014

Heute ist Sonntag. Wie angekündigt weht eine steife Brise und wir müssen uns gegenseitig überreden, das Schiff zu verlassen und uns Dünkirchen genauer anzusehen! Es regnet nur hin und wieder und wir können nahezu trockenen Fußes die Stadt erkunden. Wir besichtigen die Kirche Église Saint-Éloi mit ihrem auf der anderen Straßenseite stehenden Turm. Vom Turm oben hat man einen weiten Ausblick über die Stadt und den Industriehafen, der sich westlich von unserer Marina Grand Large erstreckt. Von hier erkennen wir, dass das große Haus gegenüber von unserem Liegeplatz gar kein Haus sondern ein Schiff ist, das in einem Trockendock liegt. Das Meer hat viele Schaumkronen und die aufwirbelnde Gischt bildet einen Vorhang hinter dem man den Horizont nur noch erahnen kann. Wir wollen näher ran ans Wasser, um uns die Wellen aus der Nähe anzuschauen. Zuerst erklimmen wir in der Nähe der Marina einen Deich, der uns noch neugieriger auf den Strand macht, der sich von der Einfahrt nach Dünkirchen nach Westen erstreckt. Es sieht aus, als würden immer wieder Sandsturmböen über den Strand hinwegfegen.

Einige wenige Menschen sind auszumachen. Zwei sind sogar im Wasser. Ich möchte wenigstens auf den Sandstrand gehen. Kerstin bleibt hinter einem Haus stehen und schaut mir dabei zu, wie mich der fliegende Sand einhüllt und sich nicht nur in meine Haare setzt. Es knirscht überall. Nun reicht es. Wir gehen zurück zum Schiff. Wir waren vom Sand und Strand wohl so fasziniert, dass wir gar nicht gemerkt haben, dass sich hinter den Sandwolken ein Wolkenturm auf uns zu wälzt. Erst kommen uns waagerecht ein paar Tropfen entgegen. Wir laufen immer schneller und auf den letzten Metern buchstäblich auf dem Steg zum Schiff kriegen wir einen Regenguss ab, der uns völlig durchnässt.

Ob der Nässe etwas knatschig will keiner von uns beiden kochen. Auch weite Wege wollen wir bei dem Wetter lieber nicht mehr zurücklegen und schaffen es gerade so bis zum Hafenrestaurant Grand Large am Ende des Stegs. Dort holen wir uns die Lebensgeister mit einem saftigen Entrecote zurück.


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